Thesenpapier für das Seminar „Annäherung an das Komische im Film“, Universität Hamburg, Fachbereich Neuere Deutsche Literatur, Anfang der 80er Jahre.



Immer mal wieder stellt sich in der kritischen Diskussion die Frage, wodurch sich eigent-lich lich Satire definiert.


Für alle Interessierten hier nun eine Reihe von Thesen:


Der Autor greift einzelne, ihm besonders wichtig erscheinende Züge der Wirklichkeit heraus und hebt sie durch Übertreibung hervor.


Grundlage der satirischen Darstellung ist eine Haltung des Angriffs, der scharfen Kritik gegenüber dem Gegenstand der Darstellung, eine Haltung, die bis zum Hass gehen kann.


Die Kritik des mit satirischen Mitteln Dargestellten wird nicht explizit ausformuliert, sondern indirekt gestaltet und bedarf einer interpretierenden Denkleistung des Lesers.


Die Satire gibt den dargestellten Gegenstand der Lächerlichkeit preis und erniedrigt ihn auf diese Weise.


Die satirische Darstellung enthüllt die Kluft zwischen dem äußeren Anspruch und der realen Bedeutung des Gegenstandes, zwischen dem, was jemand vorgibt zu sein, und dem, was er tatsächlich darstellt.

 

Dem mit satirischen Mitteln Dargestellten wird - implizit oder explizit - ein Gegenbild, eine mehr oder weniger konkrete positive Norm gegenübergestellt, die als Maßstab die negativen Aspekte des Kritisierten verdeutlicht.“


(aus: Uwe Naumann (Hrsg), Filme, Satiren, Jugendbücher im antifaschistischen Unterricht, Frankfurt am Main, 1980, Seite 21)

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„Der primäre Gegenstand der Satire - der für Satiriker erregendste, gefährlichste, aber auch lohnendste - ist die Politik.“

Satire ist „keine eindeutig bestimmbare Kategorie, sondern eine Bezeichnung, die auf eine Vielzahl von litrerarischen Werken zutrifft, die viel miteinander gemeinsam haben.“

„Um eine echte Satire zu schaffen, muss der Autor mit den leidvollen Problemen dieser Welt vertraut sein und selbst davon betroffen sein, er muss zugleich aber auch genügend Distanz zu dieser Welt besitzen.“

„Der Satiriker zeichnet kein objektives Bild der Missstände, die er beschreibt, denn bloßer Realismus wäre zu deprimierend. Stattdessen liefert er (…) zumeist die Travestie einer Situation…“

„Zur echten Satire gehört“ zweierlei: die aggressive Attacke und die phantastische Vision einer verwandelten Welt.“

„Allem Anschein nach unterscheidet sich die Satire also von anderen Gattungen durch die Behandlung des Gegenstandes, durch eine besondere Haltung gegenüber der menschlichen Erfahrung, die sich in künstlerischen Konventionen widerspiegelt.“

„Die Parodie, eine Form der Nachäffung, „ist die Basis der literarischen Satire schlechthin“.

(aus: Matthew Hodgart, Die Satire, München 1969)

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„Der unterschied der Satire zu den übrigen Gattungen liegt darin, dass die Sprachwerke, die

den satirischen Wirklichkeitsbezug aufweisen, nicht durch so typische äußere Merkmale gekennzeichnet sind wie etwa das Epos durch den Erzählvers oder das Drama durch die mimisch-dialogische Erscheinungsweise. Die Satire ist ein Proteus, ihre Darstellungsformen prägen sich leicht anderen auf und überformen sie, so dass es wohl keine Gattung und Schreibart gibt, in der

noch keine Satire geschrieben worden wäre.“

(Ulrich Gaier, vermutlich aus: Satire, Studien zu Neidhart, Wittenwiler, Brant und zur satirischen Schreibart, Tübingen 1967.

 

Thesenpapier für das Seminar „Annäherung an das Komische im Film“, Universität Hamburg, Fachbereich Neuere Deutsche Literatur, Anfang der 80er Jahre.

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